Die industrielle Fertigung steht vor immer neuen und wachsenden Herausforderungen. Der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften ist allgegenwärtig. Gleichzeitig fällt der Lebenszyklus vieler Produkte kürzer aus, während die Vielfalt der Varianten bei kleineren Losgrößen stetig zunimmt. Zudem erfordern die Dynamik der Märkte und veränderte Lieferketten immer höhere Auslastungen der CNC-Maschinen, mehr Transparenz in den Prozessen und die Befähigung der Mitarbeitenden, ihre Aufgaben zielgerecht durchführen zu können. In diesem komplexen Umfeld gilt das Konzept des digitalen Zwillings als großer Hoffnungsträger. Dieser ermöglicht es, physische Objekte, Maschinen und Anlagen virtuell zu simulieren und Echtzeitdaten von Sensoren zu nutzen und dient damit unter anderem einer besseren Entscheidungsfindung. Doch was genau ist ein Digital Twin und wie kann er helfen, die Prozesse in der modernen Fertigung zu optimieren?
Aus technischer Sicht ist der Begriff des digitalen Zwillings unzureichend. Es geht zwar darum, die Realität eines physischen Objekts mit all seinen Details und Eigenschaften in den digitalen Raum zu übertragen, ein solches digitales Abbild allein wäre aber ohne weitere Funktion und daher wertlos.
Digital Twin: digitales Modell des realen Objekts
Der Digital Twin wird erst durch das digitale Modell des realen Objekts und dessen digitalen Schatten wirklich nützlich. Das digitale Modell ist eine dynamische 3D-Darstellung eines realen Objekts, die für Simulationen und Analysen genutzt werden kann. Der zugehörige digitale Schatten des entsprechenden realen Bauteils repräsentiert die gesammelten erfassten bzw. zu simulierenden Daten dieses Modells. Erst durch die Kombination von Modell und Schatten ist der digitale Zwilling in der Lage, in einem kontinuierlichen Zyklus aus Simulation, Analyse und Optimierung anhand der generierten Informationen Produkte und Prozesse zu verbessern und Fehler zu vermeiden.
Anwendungen von digitalen Zwillingen in der Industrie
In der Industrie können Digital Twins in verschiedenen Phasen des Lebenszyklus eines Produkts bzw. einzelner Komponenten eingesetzt werden. Zu den möglichen Anwendungen im Werkzeugmaschinenbau und in der Fertigungsindustrie gehören:
- Virtuelle Bewertung und Verifizierung
- Iterative Optimierung
- Überwachung in Echtzeit
- Verwaltung von Maschinen und Anlagen
- Steuerung der Produktion und Fertigung
- Zustandsüberwachung
- Vorausschauende Wartung
- Fehlererkennung und -diagnose
- Vorhersage der Leistung von Maschinen und Systemen
Kundenvorteile beim Einsatz des DMG MORI DIGITAL TWIN
Die Vorteile des Einsatzes eines Digital Twin sind vielfältig. Am Beispiel des DMG MORI DIGITAL TWIN lassen sich die Kundenvorteile in drei Bereiche unterteilen:
Steigerung der produktiv genutzten Spindelstunden
- Verlagern von nicht-produktiven Tätigkeiten wie Einfahrprozessen und
- Verhinderung von Maschinenausfällen aufgrund von Kollisionen
Reduzierung der Bauteilkosten
- Verkürzen der Zykluszeiten durch Prozess-Optimierung und das Sichtbarmachen von Kostentreibern
- Verhindern von Ausschuss durch vorherige Simulation und vereinfachte Fehlererkennung
Befähigung der Mitarbeitenden
- Geringere Fehlerquote durch frühzeitige Schulung und ggf. fortwährendes Training
- Komplexe Aufgaben durch mehr Transparenz einfacher verständlich machen
Entwicklung von Maschinen im virtuellen Raum
Mit dem DMG MORI DIGITAL TWIN kann eine neue Maschine vollständig in der virtuellen Welt entwickelt werden. Dabei werden ihre Funktionen und Fähigkeiten mithilfe virtueller Steuerungen, Werkzeuge, Spannmittel und Werkstücke so lange simuliert, analysiert und optimiert, bis das Ergebnis allen Erwartungen an die Innovation entspricht. Jeder Schritt – vom Tastendruck an der Steuerung über den Werkzeugwechsel bis hin zu verschiedenen Spannsituationen, Achsbewegungen und Spindelbelastungen – kann mit und an einem Digital Twin digital unter die Lupe genommen und angepasst werden. All das geschieht, bevor die Herstellung der „echten“ Maschine überhaupt in Angriff genommen wird.
Probebearbeitungen von Komponenten
Kunden können mit dem Digital Twin bereits realitätsgetreue Probebearbeitungen ihrer Bauteile durchführen, während ihre Maschine noch gebaut wird. Sie erhalten die Möglichkeit, Programme für die neue CNC-Maschine zu perfektionieren und ihre Mitarbeitenden zu schulen, lange bevor die Maschine im eigenen Shopfloor installiert ist. Sobald die Maschine installiert ist, übermittelt sie fortlaufend Informationen zu ihrem Status und den aktuellen Aufträgen an ihren digitalen Zwilling. Die so gewonnenen Daten helfen wiederum dabei, Prozesse kontinuierlich zu verbessern und fundierte Entscheidungen zu treffen.
Digitale Zwillinge sind keine Einzelgänger. Auf Basis einer gemeinsamen Sprache und Struktur kommunizieren und operieren sie miteinander. Dies gilt nicht nur für einzelne Maschinen, sondern im übertragenen Sinne auch für robotergestützte Fertigungszellen oder automatisierte Fertigungssysteme mit mehreren Maschinen, Paletten und Werkzeugen sowie für autonome Transportsysteme und ihre Fahrwege innerhalb eines Shopfloors.
Einzige Voraussetzung: Jedes Element eines Systems und jede Eigenschaft eines Dienstes oder Ablaufs muss als digitaler Zwilling mit den zugehörigen Daten verknüpft sein. Je mehr und je besser die verfügbaren Informationen aus der Vergangenheit und je substanzieller die aktuellen Daten sind, desto „intelligenter“ werden die Algorithmen. Dadurch werden Analysen präziser und Antworten treffender. Was besonders wichtig ist, wenn es darum geht, Ereignisse vorherzusehen, bevor sie in der realen Welt eintreten.
Definitionen zum Digital Twin: Stimmen aus der Wissenschaft
Nach all den Erklärungen fragen Sie sich vielleicht immer noch: Wie lässt sich das Konzept des Digital Twin klar und in Kürze definieren? Selbst die Wissenschaft hat bisher keine einheitliche, eindeutige Definition gefunden, und es gibt verschiedene Ansätze, den Begriff zu erklären. Hier sind einige der Definitionen, die wir Ihnen nicht vorenthalten möchten: